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Der freie Zwang zur Maximierung der Leistung

Hans Charakterisierung der Leistungsgesellschaft bezieht sich stark auf Werke von Foucault zur Disziplinargesellschaft, welche durch Restriktionen und Zwänge gekennzeichnet ist. Als Metapher für die Disziplinargesellschaft dient das Gefängnis, zuweilen sogar des Panopticons. Unter letzterem ist ein großer Raum oder ein Gebäude zu verstehen, das von einem einzelnen Punkt in der Mitte komplett überwachbar ist. Es steht bei Foucault einerseits für das moderne Gefängnis, welches das Überwachungs- und Disziplinierungssystem perfektioniert hat, andererseits bezeichnet es „ein Prinzip verallgemeinerter und wechselseitiger Kontrolle“. Es ist ein Konstrukt, das allgemeine Kontrolle zulässt. Das Individuum werde im Gefängnis nach Wunsch der überwachenden Instanz geformt und bearbeitet. In der Leistungsgesellschaft existiert niemand mehr, der die Rolle des Gefängniswärters übernehmen könnte. Das Leistungssubjekt selbst ist gleichzeitig Wärter und Gefangener, sein Körper ist sein Gefängnis. Es habe sich im Stadium des Gehorsamssubjekts dessen Produktivität und Gehorsam angeeignet, was zu starker innerer Zerrissenheit führt. Die Disziplinargesellschaft ist geprägt vom Sollen, das in der Leistungsgesellschaft vom Können ersetzt wird. „Das Können steigert das Produktivitätsniveau, das durch die Disziplinartechnik, dem Imperativ des Sollens, erzielt worden ist.“1

Fühlte sich ein Mensch nicht gezwungen, einer Arbeit nachzugehen, sondern täte es aus eigener Motivation, so sei er dabei um ein Vielfaches produktiver. Während für das Gehorsamssubjekt noch die Möglichkeit bestanden habe, gegen eine äußere Autorität zu rebellieren, die ihm die Zwänge auferlegt hatte, sehe sich das Leistungssubjekt nur noch sich selbst gegenüber gestellt. Das Leistungssubjekt finde sich in einer entgrenzten Welt wieder, in der es alles erreichen könne, fühle sich als Resultat dessen aber gelähmt und überwältigt. Das Erreichen des Unendlichen wird zur obersten Maxime des Handelns des Leistungssubjekts. An die Stelle des Imperativs des Sollens trete der Imperativ des Könnens; das Gebot, dass alles erreicht werden muss, was erreicht werden kann. Hier beginne das Leistungssubjekt zu erkranken. Es sei überwältigt von der Positivität des Könnens und werde infolgedessen von einer tiefen Müdigkeit und Erschöpfung erfasst. Das Können wandle sich zu einem Nicht-mehr-können, der Depression.

Was bedeutet die Depression des Leistungssubjekts letztendlich für die Vier-Tage-Woche? Sie sollte dazu ermutigen, sich selbstreflektiert seinen Aufgaben zu stellen – ob beruflich oder privat – und dabei helfen sich daran zu erinnern, dass nicht immer gegeben werden muss, sondern dass auch der Müdigkeit nachgegeben werden darf. Vielleicht wird dann aus der Leistungsgesellschaft eine Gesellschaft der Achtsamkeit.

Autorin: Theresa Gunkel


1 Ebd., S. 21.

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