Autorin: Dominique Dörr
Sprache ist das Mittel, welches unserer Kommunikation zugrunde liegt. Durch sie übermitteln wir Ideen und Bilder, welche unser Zuhörer empfangen soll und durch sie unsere Ideen verstehen soll. Entsprechend der Formulierung unserer eigenen Aussagen, können Bilder oder Assoziationen beim Gegenüber hervorgerufen werden, welche über Erfolg oder Scheitern der Vermittlung des eigenen Anliegens entscheiden können. Nicht immer sind diese Ideen explizit. Wir wollen uns in diesem Artikel mit einem sprachlichen Mittel beschäftigen, welches in der anthropologischen Linguistik beziehungsweise der Soziolinguistik auch mock languages genannt wird und dem Zuhörer implizit Bilder übermittelt. Dies ist ein relativ neues sprachliches Konzept, für welches es noch kein deutsches Äquivalent zu geben scheint.
Die sogenannten mock languages bezeichnen sprachliche Ausdrücke, welche aus anderen Sprachen als der Nationalsprache entlehnt worden sind, um dem Zuhörer durch ihre Nutzung bestimmte Eindrücke, welchen stereotype Vorstellungen zugrunde liegen, zu vermitteln. Durch diese gezielte Nutzung von diesen fremdsprachlichen Ausdrücken in bestimmten Kontexten, werden die Ausdrücke neu konnotiert und teilweise in ihrer Bedeutung umfunktioniert beziehungsweise umgedeutet. Meistens wird dabei auf allgemein bekannte Stereotype zurückgegriffen, denn es ist ganz grundlegend, dass der Zuhörer diese sprachlichen Anspielungen versteht. Großzügige Literatur zu diesem Phänomen gibt es im US-amerikanischen Kontext über das sogenannte mock Spanish, speziell zum deutschen Kontext scheint es dazu noch keine Literatur zu geben, weshalb dieses Essay, ausgehend von der amerikanischen Herangehensweise, ein anfänglicher Versuch sein soll den deutschen Kontext zu analysieren.
In diesem Kontext soll nochmal betont werden, dass das Aufkommen bestimmter Sprachen als mock language nicht bedeutet, dass sie die ihnen zugesprochenen Eigenschaften wirklich besonders inhärent hätten, und andere Sprachen, welche nicht als solche vorkommen, nicht. Es ist anzunehmen, dass Sprachen, welche von kultureller, politischer oder historischer Bedeutung in Deutschland sind, besonders betroffen von diesem Phänomen sind.
Als erstes Beispiel wollen wir uns dem Arabischen widmen. Die Nutzung des Arabischen als mock language findet auf zweierlei Art und Weise statt:
Die erste Art und Weise ist die „Nachahmung“ der Sprache. Diese Nachahmung basiert auf dem Produzieren von vornehmlich H- und A-Lauten, oder auch anderen Buchstaben, die in der Kehle gebildet werden. Diesem Mittel wird sich des Öfteren vor allen Dingen im komödiantischen Bereich bedient und wird dazu genutzt, um eine Aggressivität von arabisch-sprechenden Menschen auszudrücken. Meist wird dies durch vor- oder nachgestellte deutsche Sätze unterstrichen, in denen Drohungen oder ähnliches ausgesprochen werden.
Die zweite Art und Weise betrifft den arabischen Ausdruck Allahu Akbar, welcher in den Medien mittlerweile synonym zu Terrorismus geworden ist. Eine kurze Suche mit der Google-News Suchmaschine bestätigt dies. Vor allen Dingen in Kombination mit dem Verb rufen, also Allahu Akbar rufen, Allahu Akbar-Rufer, etc. ist dieser sprachliche Ausdruck im Deutschen als Synonym zu Terrorismus angekommen. Diese Art und Weise der mock language unterscheidet sich insofern von der vorangegangenen, da sie sich auf alle Muslime bezieht und nicht nur auf arabisch-sprachige Menschen.
Das zweite Beispiel für eine mock language, welches wir uns in diesem Artikel ansehen wollen, bezieht sich auf das Türkische. Dies wird regelmäßig imitiert, indem die Vokale in einem deutschen Wort durch Üs ersetzt werden. Als Beispiel können dazu „Witze“ herangezogen werden, deren Pointe auf der oben genannten Strategie basieren (CN Rassismus/Diskriminierung: Ein Beispiel findet ihr hier)
Man findet dieses Phänomen allerdings auch darüber hinaus in anderen Medien. Diese Strategie der sprachlichen Nachahmung beziehungsweise Aneignung wird dazu genutzt, um sich über den Klang der Sprache lustig zu machen beziehungsweise eine vermeintlich „schlechte“ Aussprache von Menschen, welche Türkisch als Muttersprache haben, zu karikieren. Bei genauerem Betrachten der Witze fällt aber auf, dass dies nur ein Nebeneffekt der Witze ist, welche in erster Linie türkischsprachige Menschen mit negativen Stereotypen verbinden. Abgesehen von der offensichtlichen Arroganz, die hinter diesem sprachlichen Verhalten steht, spiegelt dies auch die Unreflektiertheit gegenüber der eigenen Sprache wider, welche auch Üs enthält.
Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf eine mit den vorangegangenen Beispielen verwandte mock language: K* Sprak (Wieso schreibe ich dieses Wort nicht? Mehr dazu erfährst du hier)
Dieser sogenannte Ethnolekt, drückt sich durch eine verminderte Syntax und eine Aussprache, welche nicht der Standardsprache gleicht, aus. Sätze wie Isch mach dich Messer oder Willsu Ärger, alda? oder Ich schwör auf Murat sein BMW sind charakteristisch für diese Form der mock language. Diese mock language wird vom Sprecher genutzt, um eine damit eine fehlende Bildung und Aggressivität auszudrücken. Man findet sie unter Anderem auch bei dem deutschen Komikerduo „Mundstuhl“, welches einige ihrer Bühnenauftritte ausschließlich auf dieser Form von sprachlichem Hohn aufbaut.
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