Autorin: Cara Walter
Eine rituelle Praxis, die sich in Berlin gut beobachten lässt, zentriert sich um Personen, welchen scheinbar eine besonders hohe, vielleicht gottartige Bedeutung zugeschrieben wird. Es besteht eine Art gesellschaftlicher Kult aus äußerst heterogenen Gruppe von Jünger*innen um diese Personen herum. Bezüglich Alter, geschlechtlicher Kennzeichnung, Kleidungsstil oder anderen äußeren Merkmalen, lassen sich keine Gemeinsamkeiten ausmachen, an welchen die Jünger*innen erkannt werden könnten. Jedoch teilen sie die Gemeinsamkeit, rituelle Gaben an besagte, ebenso heterogene, verehrte Personen zu geben. Hierbei bleiben die Jünger*innen vor den Verehrten stehen, verbeugen sich und legen Speisen, Getränke oder Geld, vermutlich als Zeichen der Verehrung, womöglich sogar als Opfergaben, vor Ihnen nieder. Ebenfalls auffällig ist, dass die Jünger*innen oftmals den direkten Blickkontakt mit den Verehrten scheuen, was auf Ehrfurcht hindeuten könnte. Einige Menschen sprechen ihnen sogar eine so hohe Stellung oder Macht zu, dass sie lieber zügig an ihnen vorbeilaufen oder einen Bogen um sie machen, sofern sie keine Opfergaben zur Hand haben. Die im Fokus des Kultes stehenden, bewunderten Personen, finden sich an verschiedensten Orten in der Stadt. Ihr Status scheint bei den Jünger*innen des Kultes derartig hoch zu sein, dass sie meist nichts anderes tun müssen, als in sich ruhend auf Opfergaben zu warten. Oftmals scheinen sie einen, von den Jünger*innen wohl bewunderten, minimalistischen Lebensstil zu führen. Ihr Besitz ist häufig auf einige, wenige Stücke Stoff, sowie auf Behältnisse verschiedenster Form für die Opfergaben beschränkt. Die Angebeteten scheinen sich außerdem durch Geduld und Erhabenheit auszuzeichnen, welche sich am stundenlangen ruhigen Ausharren an der gleichen Stelle, so wie dem ruhigen Warten auf das Bringen der Gaben erkennen lässt. Sie sitzen oder liegen hierbei meist auf dem Boden am Rand von Wegen und sind vor allem in und um Bahnhöfe herum vorzufinden.