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Alle Sprachen sprechen wir – Wie Mock language fremde Sprachen auf Klischees reduziert

Auch ostasiatische Sprachen bleiben von dieser sprachlichen Deformierung nicht verschont. Diese sind insofern dadurch betroffen, als diese Sprachen durch einige Laute, welche den Nachahmer:innen ähnlich vorkommen, „imitiert“ werden. Dies basiert hauptsächlich auf kurzen Silben, welche während des Sprechens die Tonart wechseln, ein Beispiel dafür lässt sich (CN anti-asiatischer Rassismus) hier finden . In diesem Video wird das gesagte auch subtil durch Musik unterstützt. Wie diese Mechanismen funktionieren, wird genauer in dem Artikel “You know what I want to hear” erläutert.

Diese ebengenannte Form der Imitation dient dabei wahrscheinlich nur dazu, den Klang dieser Sprachen zu verballhornen. Das Auffällige daran ist, dass all diese Sprachen dabei trotz des unterschiedlichen Klangs und der Verschiedenheit der ostasiatischen Sprachen per se als „Chinesisch“ abgestempelt werden. Als ein weiteres bekanntes Beispiel aus dem deutschen Sprachraum sei hier das Kinderlied „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ erwähnt. Das simple einstrophige Lied wird immer wieder wiederholt, wobei alle vorkommenden Vokale und Diphthonge durch einen für einen Durchlauf der Strophe gleichbleibenden Vokal (zum Beispiel i oder ä) ersetzt werden. Plötzlich werden aus den drei Chinesen dann die „Dri Chinisi“ oder die „Drä Chänäsä“.

Man könnte nun davon ausgehen, dass mock languages nur für Sprachen existieren, die aufgrund ihrer Geschichte in Deutschland schlechter angesehen werden, also weniger Prestige haben. Man findet diese Form der sprachlichen Aneignung allerdings auch für Sprachen, die aus deutscher Perspektive prestigereicher sind – es handelt sich dabei also um kein Phänomen, welches nur nach vermeintlich „unten“ tritt.

Das erste dieser Beispiele für eine mock language für eine prestigereichere Sprache ist die Brandmarkung des Spanischen (und damit der Spanier und Lateinamerikaner) als Partysprache. Spanisch wird im Allgemeinen als einfache Sprache verstanden, trotzdem sprechen die wenigsten Menschen Spanisch fließend und fehlerfrei, jedoch gibt es einige Wörter, welche fast jeder Person geläufig sind: Fiesta, Siesta und Cerveza. Höfliche Personen hängen noch ein por favor an die Bierbestellung. Wenn man sich das semantische Feld anguckt, in welchem sich diese Wörter bewegen, fällt schnell auf, dass es sich um Wortehandelt, die vermitteln, dass spanischsprachige Personen hauptsächlich feiern und sich anschließend ausruhen.

Ein weiteres Beispiel für eine prestigereiche Sprache ist das Französische. Für diese Sprache wurde durch das Lied „Moulin Rouge“ der Satz Voulez-vous coucher avec moi ? derart geprägt, dass er mittlerweile auch weiten Bevölkerungsteilen bekannt ist, die kein Französisch sprechen und eventuell auch nie Französisch gelernt haben. Durch diesen Satz wird oft versucht, eine vermeintliche Erotik auszudrücken. Dieses Beispiel unterscheidet sich allerdings von den vorangegangenen Beispielen insofern, dass mit diesem sprachlichen Ausdruck eine sexistische Ebene einher geht. Durch diesen Satz findet eine Fetischisierung der französischen Frau statt, welche durch die Nutzung und Wiederholung dieses Satzes als reines Lustobjekt gebrandmarkt wird.

Das Paradoxe an diesem Phänomen ist, dass man durch die Aneignung dieser Sprachen zur gesprochenen Sprache eine vermeintliche Nähe schafft. Durch die Nutzbarmachung dieser Sprache wird den zuhörenden Personen vorgegaukelt, diese Sprache zu kennen, und diese auf adäquate Art und Weise zu nutzen. Bei genauerem Betrachten wird aber klar, dass durch diese sprachliche Aneignung die Ferne und damit die Distanz zu dieser Sprache eher verstärkt wird. Dies passiert insbesondere dadurch, dass bereits bekannte Bilder wieder aufgerufen und verstärkt werden. Damit wird allerdings verhindert, dass sich wirklich differenziert mit den jeweiligen Sprachen und dazugehörigen Kulturen auseinandergesetzt wird.

Dass diese stereotypen Bilder nicht nur durch sprachliche Ausdrücke, sondern auch durch musikalische Mittel geschaffen werden, wird, wie bereits erwähnt, anschaulich in dem Artikel „You know what I want to hear“ dargelegt. In diesem Artikel beschäftigt sich die Autorin mit der Frage, inwieweit Filmmusik dazu beitragen kann, gängige Klischees bestimmter Gruppen zu festigen, die im Film oft verfälscht dargestellt werden. Sie stellt in dem Artikel die Frage, ob Filmmusik als Instrument der Dominanz fungieren kann.

Man könnte nun vielleicht denken, dass diese sprachlichen Ausdrücke doch bloß Kleinigkeiten sind, welche nicht aussagekräftig für die gesamte Gesellschaft sind. Allerdings sollte man sich an dieser Stelle bewusst machen, dass sobald diese sprachlichen Mittel eingesetzt werden, die sprechende Person davon ausgeht, dass die zuhörende Person über das gleiche Wissen in Bezug auf dieses Thema verfügt und somit die sprachlichen Implikationen verstanden werden. Es handelt sich hierbei also nicht um das Phänomen eines vereinzelten Sprechers, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Verständnis. Dieses gesamtgesellschaftliche Verständnis hat im Endeffekt für die davon betroffenen Minderheiten einen Effekt, da diese geprägt von diesem Verständnis weiter repräsentiert und somit falsch und deformiert dargestellt werden.

Man sollte also die Macht dieser sprachlichen Ausdrücke nicht unterschätzen, da sie vielleicht auf einige Personen zuerst banal wirken, jedoch im Alltagsleben eine reale Auswirkung auf die durch sie stigmatisierten Gruppen haben.

Weiterlesen?

Hier geht’s zu dem oben bereits erwähnten Artikel “You know what I want to hear – Orientalismus in der Filmmusik”

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